Cyanure

CH 2013, 103 min, F/d
Regie: Séverine Cornamusaz
Darst.: Alexandre Etzlinger, Roy Dupuis, Sabine Timoteo, Christophe Sermet, Ludivine Geschworner, Thierry Jorand, Isabelle Caillat u.a.

Der 13-jährige Achille lebt mit seiner Mutter Pénélope in einer Westschweizer Kleinstadt und hat ein grosses Vorbild: seinen Vater Joe. Dieser verbüsst seit Achilles Geburt eine langjährige Gefängnisstrafe wegen eines schweren Raubüberfalles. Mit überbordender Fantasie imaginiert Achille für sich selbst ein Leben, das Papa Joe und Mama Pénélope seinerzeit wohl gehabt haben müssen. So sind die Erwartungen des Jungen riesig, als Joe freigelassen wird. Doch die Ernüchterung folgt sofort, denn sein Macho-Vater will nichts mit ihm zu tun haben. Obwohl Pénélope längst auf Distanz zu Joe gegangen ist – sie hat einen anderen Partner, den Langweiler Alexis – sind ihre Gefühle ambivalent. Sie signalisiert Joe, dass sie allenfalls von einer Scheidung absieht, wenn Joe seine Vaterpflichten ernst nimmt. So kommen sich Vater und Sohn nach und nach doch noch näher, denn Joe verlockt Achille zum aufregenden Leben, vielleicht auch zur Delinquenz … War 2010 Séverine Cornamusaz’ mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichneter Debütfilm «Cœur animal» ein kräftiges Drama, eine Art schwarze Version von «Heidi» über die Erziehung eines Gefühlskrüppels in den rauen Bergen, so ist ihr zweiter Film ein Festival der Kollisionen, der seelischen Verbindungen und ihrer giftigen Wirkung. «Immer wieder lässt Séverine Cornamusaz ihre Figuren wie Raubtiere aufeinander los. (…) Das Prinzip lautet: hochfrequente Dramatik. (…) ‹Im Kino liebe ich Körper und Gesichter›, sagt die Regisseurin. ‹Der französische Autorenfilm ist mir zu geschwätzig, zu bourgeois. In den 70ern sah man in Filmen wie ‹Taxi Driver› heftige Figuren, keine Helden des moralischen Lebens. (…) Was sich in unseren Köpfen abspielt, ist doch ebenso mächtig wie die Wirklichkeit. Diesen Reichtum muss man nutzen für die Dramaturgie. Das ist das Risiko des Filmemachers.›» Pascal Blum, Der Sonntag