Journal de Rivesaltes 1941–1942

CH 1997, 77 min, 35mm, F/d
Regie: Jacqueline Veuve
Mitw.: Friedel Bohny-Reiter u.a.

Die Schweizer Krankenschwester Friedel Bohny-Reiter (1912–2001) arbeitete während des Zweiten Weltkriegs im Internierungslager Rivesaltes in den französischen Pyrenäen für das Kinderhilfswerk des Schweizerischen Roten Kreuzes. Das Lager im nicht besetzten, aber mit den Nazis kollaborierenden Vichy-Frankreich beherbergte bis zu 18’000 Personen: Flüchtlinge aus Spanien, Juden, Zigeuner und viele Kinder. Friedel Bohny-Reiter missachtet die ihr vom Roten Kreuz auferlegte Schweige- und Neutralitätspflicht und kann so einige Kinder vor der Deportation in die Vernichtungslager der Nazis bewahren und vor dem sicheren Tod retten. Jahrzehnte später, 1993, veröffentlicht Bohny-Reiter ihre Aufzeichnungen aus jener schlimmen Zeit unter dem Titel «Journal de Rivesaltes 1941–1942». Die Grande Dame des Schweizer Dokumentarfilms, die 2013 83-jährig verstorbene Jacqueline Veuve, begibt sich 1997 zusammen mit Friedel Bohny-Reiter nach Rivesaltes, setzt deren damalige Erlebnisse in Bilder um. Entstanden ist eine Ode an den Mut und an die Verweigerung der kleinen Leute, von deren Heldentum sonst kaum die Rede ist. «Und da steht Friedel Bohny-Reiter. (…) Nüchtern, klar, eine greise Zeitzeugin ohne einen Schimmer von Eitelkeit, fragt sie sich, ob und wie das innerhalb des Unerträglichen vielleicht gegeneinander aufzurechnen wäre – Menschen mit Courage vor dem Tod gerettet und sich dennoch bis zu einem gewissen Grad zur Komplizin gemacht zu haben. Und wie war das Unerträgliche zu ertragen? Indem man seinen Glauben im Moment behalte, im Moment und danach. (…) Jacqueline Veuve ist ein Film gelungen frei von jeder Prätention, äusseren Dramatik oder wohlfeilen Konjunktur. Texte, Zeichnungen und Gouachen des Tagebuchs sowie zahlreiche Photos (u. a. von Paul Senn für die Schweizer Illustrierte) sind gespiegelt an Friedel Bohny-Reiters Erinnerungen sur place sowie in Statements von Menschen, die sie hat retten können.» Martin Walder, NZZ

 

In Zusammenarbeit mit dem Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz. Am 27. Januar, 19 Uhr, liest Ursula Affolter im Archiv, Florastrasse 6, St.Gallen aus den Tagebüchern von Friedel Bohny-Reiter und von Kurt Bigler, der in Gur und Rivesaltes inhaftiert war. Weitere Informationen www.frauenarchivostschweiz.ch.