Frère et sœur
Regie: Arnaud Desplechin
Darst.: Marion Cotillard, Melvil Poupaud, Golshifteh Farahani, Patrick Timsit, Benjamin Siksou, Joël Cudennec, Max Baissette de Malglaive, Nicolette Picheral, Cosmina Stratan u.a.
Alice ist eine gefeierte Pariser Theaterschauspielerin, Louis ein erfolgreicher Schriftsteller. Die beiden sind Geschwister – und hassen sich leidenschaftlich. Wie heftig der Hass ist, erfährt man gleich zu Beginn von «Frère et sœur», als Alice überraschend bei ihrem Bruder auftaucht, um ihm ihr Beileid für den Tod seines kleinen Kindes auszusprechen – und er sie umgehend wegjagt. Wenig später erfährt man von der Gegenseitigkeit dieses Hasses: Louis hat seine Schwester in seinen literarischen Werken mehrfach und erkennbar verunglimpft. Ihr jüngerer Bruder Fidèle hat versucht, Alice und Louis miteinander zu versöhnen, doch ohne Erfolg. Als bei einem Autounfall die Eltern der Geschwister schwer verletzt werden, die Mutter ins Koma fällt und schliesslich beide kurz hintereinander sterben, treffen Alice und Louis gezwungenermassen erneut aufeinander … Ein knappes Jahr, nachdem Arnaud Desplechins letzte Regiearbeit im Kinok gezeigt wurde, die Philip-Roth-Verfilmung «Tromperie», ist der 1960 im nordfranzösischen Roubaix geborene Regisseur erneut bei uns präsent und fasziniert mit einem in zahllosen kühnen Zeitsprüngen erzählten Familiendrama. Mit Marion Cotillard und Melvil Poupaud, die als Protagonist:innen sämtliche Register ihres Könnens ziehen, und Golshifteh Farahani in der Nebenrolle als Louis’ Ehefrau Faunia ist «Frère et sœur» – Desplechins siebter Film, der es in Cannes in den Hauptwettbewerb geschafft hat – nicht weniger prominent besetzt als sein Vorgänger. Eric Neuhoff schreibt in Le Figaro: «‹Frère et sœur› ist ein sinnlicher, bitterer, gequälter Film, unterbrochen von plötzlichen Momenten süsser Zärtlichkeit. Schreie und Geflüster. Beginnend im Licht der Trauer endet er mit der Farbe der Versöhnung. Der Frieden ist nicht weit entfernt, auch wenn es nötig ist, ihn in Afrika, in Benin, zu suchen. Das ist etwas, was man Gnade nennt. Arnaud Desplechin meistert sein Thema von A bis Z. Bilder sind seine natürliche Sprache, aber er hat auch keine Angst vor Worten. Er ist ein absoluter Athlet des Kinos. Man dachte, er sei der Erbe von François Truffaut. Doch nun ist er daran, unser Ingmar Bergman zu werden.»