Die Hälfte der Welt gehört uns – Als Frauen das Wahlrecht erkämpften
Regie: Annette Baumeister
Darst.: Esther Schweins, Jeanette Hain, Paula Hans, Johanna Gastdorf, Anke Retzlaff, Anke Sabrina Beermann, Thomas Chemnitz, Jochen Hägele, Angelina Häntsch u.a.
Sie wurden belächelt und verspottet. Sie wurden beschattet und verteufelt. Sie wurden niedergeritten und eingesperrt. Quer durch Europa erhoben Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Frauen ihre Stimmen, drängten auf gesellschaftliche und politische Mitsprache – und in erster Linie auf das Frauenwahlrecht. Allen voran Emmeline Pankhurst, die in Grossbritannien ihre bürgerliche Existenz riskierte, vor Gewalt nicht zurückschreckte und zur radikalen Anführerin der Suffragetten avancierte. In Frankreich machte sich die ehemalige Schauspielerin Marguerite Durand nicht nur in den Pariser Salons, sondern auch mit ihrer feministischen Tageszeitung «La Fronde» für die Gleichberechtigung stark, während in Deutschland die Fotografin und promovierte Juristin Anita Augspurg ihre ganze Energie und Redegewandtheit in die Sache der Frauen investierte und Marie Juchacz, die über die Arbeiterbewegung zur SPD kam, im Februar 1919 schliesslich als erste gewählte Parlamentarierin vor der Weimarer Nationalversammlung sprechen durfte. Ihr sei klar geworden, dass sie das selbstbestimmte Leben, das sie heute geniesse, zum grossen Teil dem Mut und der Verve dieser beeindruckenden Aktivistinnen zu verdanken habe, äusserte Regisseurin Annette Baumeister in einem Interview. Geschickt verflicht sie in ihrem Dokudrama die vier Biografien ineinander und macht so den Feminismus als internationales Phänomen fassbar. Anja Rützel schreibt im Spiegel: «Baumeister verzichtet in ihrem leidenschaftlich, aber besonnen erzählten Dokudrama auf Effekthascherei. Für grösstmögliche Drastik sorgt stattdessen das immer wieder in die Spielhandlung geschnittene, historische Filmmaterial, das den Zuschauer daran erinnert, dass das gerade Geschauspielerte unfassbarerweise auf tatsächlichen Ereignissen beruht und dass diese so fremde, unvorstellbare Welt, in der Frauen rechtlose Verfügungsmasse ihrer Ehemänner waren, gerade einmal 100 Jahre entfernt ist. (…) Eine konstante, bohrende, überaus aktuelle Erinnerung, die in diesem Zusammenspiel ausgezeichnet funktioniert – und dieses Dokudrama so lebendig macht, dass es auch im Rückblick aus sicherer, immerhin rechtlich gleichberechtigter Position wohltuend zornig macht.»