Who's afraid of Alice Miller?
Regie: Daniel Howald
Mitw.: Martin Miller, Irenka Taurek, Cornelia Kazis, Oliver Schubbe, Ania Dodziuk, Katrin Stoll u.a.
Die polnisch-schweizerische Psychologin Alice Miller (1923–2010) machte in den 1980er-Jahren mit ihren Büchern «Das Drama des begabten Kindes» und «Am Anfang war Erziehung» weltweit Furore. Miller wurde zur Galionsfigur einer gewaltfreien, auf Liebe und Verständnis basierenden Kindererziehung – damals keine Selbstverständlichkeit. Dabei vertrat sie auch die Theorie, dass der Holocaust eine direkte Folge schwerer Traumatisierungen gewesen sei, denen Adolf Hitler als Kind durch seinen gewalttätigen und autoritären Vater ausgesetzt war – eine abstruse These, die seinerzeit auch seriöse Fachleute ernst nahmen. Alice Millers Sohn Martin (Jahrgang 1950), der von seiner Mutter alles andere als die stets von Liebe und Zuneigung geprägte Erziehung erlebt hatte, die sie predigte, arbeitet heute als Psychologe in Zürich. Jahrzehntelang litt er darunter, dass seine Mutter ihm als Kind und Jugendlichem mit Lieblosigkeit und Kälte begegnete und ihn nicht vor seinem Vater schützte. Andrzej Miller (1923–1999), Soziologieprofessor und zeitweise Generalsekretär der Schweizerischen Hochschulrektorenkonferenz, verprügelte ihn fast täglich. Nach dem Tod der Mutter begibt sich Martin Miller auf Spurensuche nach Polen, begleitet von Irenka Taurek, einer Cousine Alice Millers. Dabei tauchen die beiden ein in eine Biografie, die geprägt ist vom Horror im jüdischen Ghetto unter der Nazi-Herrschaft und von den Lügen, die es brauchte, um zu überleben. Über seinen Film sagt Regisseur Daniel Howald: «Schwere Kriegstraumata dauern länger als ein Leben. Sie werden auf die nachfolgenden Generationen weitervererbt. In Martin, geboren 1950 in der sicheren Schweiz, wirkt noch heute mit aller Kraft der Abgrund des Holocaust.» Giorgia del Don schreibt auf cineuropa.org: «Halb Detektivfilm, halb psychologisches Drama, hält uns ‹Who’s afraid of Alice Miller?› ständig am Rande unserer Sitze, aber er freut sich nicht über unsere unvermeidliche Empörung. Es ist eine Erforschung der menschlichen Psyche, die mehr Fragen stellt als beantwortet.»
Die Premiere am 1. September findet in Anwesenheit des Protagonisten Martin Miller und des Regisseurs Daniel Howald statt. Das Gespräch führt der Theologe und Publizist Rolf Bossart.