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Morgarten findet statt
Regie: Erich Langjahr, Beni Müller
Es mag auf den ersten Blick erstaunen, dass Erich Langjahr, der grosse filmische Chronist der ländlichen Schweiz, 1978 ausgerechnet die Schlachtfeier von Morgarten, mithin Symbol für rückwärtsgewandtes, reaktionäres Denken, als Sujet seines ersten langen Dokumentarfilms wählte. Dabei hatte Langjahr – zusammen mit seinem Koregisseur Beni Müller –, wie er 35 Jahre später anlässlich seines letzten Films über die ländliche Schweiz («Mein erster Berg – Ein Rigi Film») in einem Interview erklärte, damals die Idee, die Innerschweizer Heimat filmisch zu erforschen. «Doch ich will damit ein anderes Kino, ein Anschauungskino, das den Zuschauer für mündig hält. Für mich ist der Film ein Dialog und der Zuschauer ein Partner», verdeutlichte Langjahr seine Absichten und betonte, dass er sich deshalb schon damals für eine Bildsprache entschied, die weitgehend ohne Dialoge und ganz ohne Kommentare auskam. Geprägt von der 68er-Zeit, versuchten er und Müller hier zu ergründen, wie Morgarten, ein Symbol der Freiheit, gefeiert und verstanden wird und fragten: Welche Vorstellung hatten unsere Väter von Freiheit? Mit diesem Ansatz ist «Morgarten findet statt» ein erstaunlich «moderner» Dokumentarfilm geblieben, und so ist auch nicht verwunderlich, dass er kürzlich mit viel Aufwand restauriert wurde. «Langjahr und Müller sind gegenüber der Schlachtfeier (…) gewiss nicht unkritisch. Aber sie legen diese Kritik für den Zuschauer nicht von vornherein fest, sondern lassen für sie den Raum offen, und zwar gleichsam zwischen den ‹Fugen› der Montage. So ergeben sich die Möglichkeiten, dass wohl die Schützen sich unangetastet wiedererkennen können, während anderen vielfältige kritische Ausdeutungen in politischer, sozialer oder historischer Hinsicht geöffnet werden. Was aber könnte für eine lebendige Schweiz wichtiger sein, als dann und wann sich auch zu fragen, was an einer solchen Feier noch echt und unverstört ist, was bloss Ritual und fragwürdig geworden ist.» Martin Schlappner, NZZ