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Alphabet
Regie: Erwin Wagenhofer
Mitw.: Gerald Hüther, Yakamoz Karakurt, Ken Robinson, Thomas Sattelberger, Andreas Schleicher, André Stern, Arno Stern u.a.
Am Anfang steht ein Zitat des britischen Erziehungswissenschaftlers Sir Ken Robinson: «Wir Menschen haben eine aussergewöhnliche Kraft, die Kraft der Imagination.» Danach begleitet der Regisseur den deutschen Bildungsforscher Andreas Schleicher, der als internationaler Koordinator der PISA-Studien ein wichtiger Repräsentant des herrschenden Bildungssystems ist, nach China. Das Land steht seit Jahren an der Spitze der PISA-Ergebnisse – für den Preis eines gnadenlosen Drills und einer der höchsten Selbstmordraten bei Kindern und Jugendlichen weltweit. Die Frage, warum hochgebildete Führungskräfte die Welt immer wieder in Abgründe schlittern lassen wie in der Finanzkrise von 2008, war einer der Auslöser für Wagenhofers Film. Der erfolgreiche österreichische Dokumentarfilmer, der sich mit Filmen zur industriellen Nahrungsmittelproduktion – «We Feed the World» – und zum globalen Finanzsystem – «Let’s Make Money» – international einen Namen machte als Kritiker eines zerstörerischen Wachstumswahns, bleibt sich auch in «Alphabet» treu, er plädiert für radikales Umdenken in der Bildungspolitik. «Das Thema beschäftigt mich, seit ich 17 war. Damals kamen die Grünen auf, die die Umweltverschmutzung anprangerten: verdreckte Flüsse, Waldsterben usw. (…) Ich dachte schon damals, das wirkliche Problem sei nicht die physische, sondern die geistige Verschmutzung. (…) Deshalb ist ‹Alphabet› nicht so sehr ein Film über Bildung, sondern über die Haltung dahinter. Denn niemand wird mir unterstellen können, ich wolle keine Bildung: Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben sind ja was Tolles und Befreiendes. Nur ist die Hauptfrage bei jedem Film das Timing (…). Ein Film, der zu früh kommt oder zu spät, geht unter. Selbst ein Film wie Hanekes ‹Amour› hätte vor zehn Jahren niemanden interessiert. Aber er ist zu einem Zeitpunkt gekommen, als Alter und Tod in der Gesellschaft (…) zum Thema wurden. So ähnlich haben wir es auch gemacht.» Erwin Wagenhofer