Zur Ausstellung «Kindheit und Jugend in der Ostschweiz» im Kulturmuseum St.Gallen

Das Menschlein Matthias

CH 1941, 86 Min., DCP, Dialekt, ohne Altersbeschränkung
Regie: Edmund Heuberger
Darst.: Röbi Rapp, Petra Marin, Leopold Biberti, Hans Fehrmann, Walburga Gmür, Ditta Oesch, Arthur Leonhardt, Friedeli Sigg, Sigfrit Steiner, Hermann Gallinger u.a.

Matthias ist der uneheliche Sohn der Fabrikarbeiterin Brigitte Böhi. Da sie sich nicht um ihn kümmern kann, wächst der verträumte Bub als Verdingkind auf dem Landgasthof Gupf bei seiner strengen, bösartigen Tante auf. Matthias kennt nichts als Arbeit und Schläge, auch sein Cousin Konrad macht sich einen Spass daraus, das zarte Kind zu quälen. Als sich seine Mutter entschliesst, Matthias zu sich nach Rorschach zu holen, stellt sich ihr ihre Schwester in den Weg und droht ihr mit der Vormundschaftsbehörde, da sie ein Zusammenleben der beiden ohne Vater nicht duldet. In einer dramatischen Gewitternacht gelingt es Matthias, zu seiner Mutter zu fliehen. Er begleitet sie in die Fabrik, wo er im Chef-Stickereizeichner Oberholzer seinen wahren Vater kennenlernt. Als dieser seinen Sohn öffentlich verleugnet, bricht für das Kind eine Welt zusammen … Edmund Heuberger gibt in seinem Film, der auf der unglücklichen Kindheit des Thurgauer Schriftstellers Paul Ilg beruht, einen eindrücklichen Einblick ins Ostschweizer Stickereimilieu. Die Aussenaufnahmen wurden in Rorschach, Herisau, im Appenzeller Vorderland und am Bodensee gedreht. Die Rolle des Matthias hätte ursprünglich der jüdische Junge Charles Markus, Neffe des Drehbuchautors und Produzenten Stefan Markus, spielen sollen. Von dem jungen Darsteller war auch die Dichterin Else Lasker-Schüler so entzückt, dass sie ihn für die Uraufführung ihres Stückes «Arthur Aronymus und seine Väter» am Schauspielhaus Zürich engagieren wollte. Doch weil man «Das Menschlein Matthias» auch in Deutschland in die Kinos bringen wollte, fiel die Wahl schliesslich auf den Zürcher Röbi Rapp. Diesen «traurigen Kniefall vor Nazideutschland» (watson) hatte der Zürcher Historiker Beat Frischknecht erst vor wenigen Jahren publik gemacht. Röbi Rapps späteres Leben als Schwulenaktivist machte Stefan Haupt in seinem Film «Der Kreis» zum Thema. «Das Menschlein Matthias» war seinerzeit ein grosser Erfolg und wurde sogar ans Filmfestival von Venedig eingeladen – neben Leopold Lindtbergs «Die missbrauchten Liebesbriefe» aus der Praesens-Filmproduktion. Das Zurich Film Festival schreibt anlässlich der Wiederaufführung des restaurierten Films: «Die im Ostschweizer Stickereimilieu angesiedelte Literaturverfilmung ist ein heute fast vergessenes Juwel der Schweizer Filmgeschichte.»

 

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Di 04.06.18h40
So 23.06.18h10
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